So sieht der Eingang zum Hospiz aus. Foto: Stephanie Fedders

Jeder bleibt sichtbar, auch wenn er gehen muss

Vor einem halben Jahr hat das Hospiz in Wittenberge seine Arbeit aufgenommen – 35 Gäste haben seitdem im Haus am Elsternweg gewohnt.

Ein Beitrag von Stephanie Fedders in der MAZ vom 10.07.2021

Wittenberge. Es sind die Details, die nicht sofort ins Auge fallen. Aber sie stehen für die Entwicklung, die das Hospiz in Wittenberge in den vergangenen Monaten genommen hat. Fast ein halbes Jahr ist seit der Eröffnung im Januar bereits vergangen. Ein halbes Jahr, das vieles verändert hat im Haus am Elsternweg.

Ein stilisierter Kranich zieht seine Kreise und steht als Symbol für das Hospiz. Ein wiederkehrendes Motiv, das nicht nur in Zusammenhang mit dem Namen „Elbhospiz Weiße Berge“ vorkommt, sondern auch die Namensschilder und den Eingangsbereich schmückt.

An den Wänden hängen Bilder, im Flur steht ein Strauß Blumen neben einem Büchlein und einer kleinen Laterne. Dort ist eine Erinnerungsecke entstanden, erklärt der Hospizleiter Stephan Michelis. Stirbt ein Gast, brennt 24 Stunden lang eine Kerze. Ein sichtbares Zeichen für alle, die das Haus betreten.

Das sind in erster Linie die 23 hauptamtlichen Mitarbeiter, ehrenamtliche Helfer, Ärzte sowie Familienangehörige. Es würden noch viel mehr sein, wenn nicht nach wie vor der Schutz vor dem Coronavirus den Zugang regelt. Denn das Interesse am Haus, an den neuen Nachbarn, ist hoch, weiß Stephan Michelis zu berichten.

„Viele fragen uns, wie sie helfen können“, erzählt er. Wie groß die Bereitschaft dazu ist, lässt sich an den Spenden ablesen, die bereits eingetroffen sind. Möbel für den Garten, ein Rollstuhl und Dinge für den täglichen Bedarf werden abgegeben und finden im Haus Verwendung.

Es sind Zeichen der Dankbarkeit, dass es mit dem ersten Hospiz in der Prignitz eine Möglichkeit gibt, Menschen auf ihrem letzten Lebensweg zu begleiten. „Man hat den Eindruck, als wenn Wittenberge nur darauf gewartet hat, dass ein Hospiz entsteht und man etwas tun kann“, sagt Renate Schwarz. Sie koordiniert die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer und hat das Haus mit aufgebaut.

Auch das Interesse an den zehn Zimmern zeugt von der Strahlkraft, die das Elbhospiz über die Region hinaus bereits erlangt hat. „Seit der Eröffnung haben wir mehr als 70 Anfragen erhalten“, berichtet Stephan Michelis. 35 Gäste, wie die Bewohner genannt werden, sind seit Januar eingezogen. Vier konnten auch wieder nach Hause zurückkehren. „Bei uns haben sie neuen Lebensmut gewonnen“, freut sich Renate Schwarz.

Derzeit leben sieben Frauen und Männer im Alter von Mitte 40 bis 97 Jahren am Elsternweg. Die Betreuung ist so individuell, wie die Menschen es sind. Es gibt Platz um gemeinsam zu essen oder fernzusehen, aber auch Rückzugsmöglichkeiten wie den Raum der Stille – ein Zimmer, das mit Unterstützung des Fördervereins eingerichtet wurde.

Auch dort findet Erinnerung statt. Auf dem Tisch steht ein Glas mit kleinen, bunten Papierschiffchen. Auf jedem Schiffchen steht ein Name. Stirbt ein Gast, wird sein Schiffchen in das Fischernetz an der Wand gehängt. So bleibt jeder sichtbar, auch wenn er gehen muss.

Das Leben im Hospiz soll bei einem Tag der offenen Tür am 22. August von 10 bis 14 Uhr vorgestellt werden. Die Angestellten werden für Gespräche zur Verfügung stehen, Mitglieder des Fördervereins sind vor Ort genauso wie Trauerbegleiter und Seelsorger.

Wer etwas über das Hospiz und die Arbeit des Fördervereins erfahren oder Mitglied werden möchte, findet auf der Internetseite www.hospiz-prignitz.de entsprechende Informationen.